Verkauft
Der Jahrgang 1811er brachte wohl den besten Cognac des 19. Jahrhunderts hervor. Diese Flasche macht mich besonders glücklich: Ich habe schon etliche 1811er verkauft, über die ich weit weniger wusste :-)
Das liegt daran, dass erstens der Markt seit einigen Jahren voll ist mit Fälschungen, die mal mehr mal weniger plump sind, manchmal aber auch genial gemacht und mit viel investierter krimineller Energie***.
Zweitens waren die Abfüllen früher recht geizig, was Informationen betraf. Es gibt z.B. einen 1811er, dessen Etikett mit Bienen verziert ist. Nur durch diese Verzierung kommt man dann auf den Produzenten des Cognacs: Brugerolle. Das ist dann aber auch schon alles, was man weiß. Da haben wir also nicht viel :-((
Aber zurück zu den Fälschungen. Die entstanden fast alle NACH dem Jahr 2000, weil erst damals ein unglaublicher Preissprung bei altem Jahrgangscognac eintrat. Der Grund dafür war das Internet: Plötzlich beteiligten sich zahlreiche wohlhabende Sammler, vor allem aus Russland und China, an den Versteigerungen. Diese Leute hatten nicht nur Geld, sondern sie hatten vor allem eine hohe Wertschätzung für diese Flaschen (die man nach meiner Meinung immer viel zu billig verkaufte: Was sind denn 4-6 tausend Euro für einen 1811er Cognac im Vergleich zu den irren Preisen für Whisky, wo es für dieses Geld gerade mal einen Macallan aus den 1950ern gibt).
Ich beschloss schon vor einiger Zeit, nur noch Flaschen anzukaufen, deren Geschichte lückenlos nachweisbar ist. Hier ist ein solches Stück!
- Man findet einige Exemplare im Internet, und alle weisen ganz klare Echtheitsmerkmale auf wie die typischen Glasflaschen vom Anfang des 20. Jahrhunderts, als der Cognac in Flaschen gefüllt wurde. Hier können Sie sogar das Fülldatum nachlesen:
https://www.invaluable.com/auction-lot/cognac-napoleon-1811-grande-reserve-75-c-76b4434bc2
HURRA! 1903 gibt wirklich Sinn! Das waren 92 Jahre Lagerung, sicherlich der größte Teil davon im Fass. Denkbar, dass der Inhalt sogar auf unter 40% verdunstete, weil die Fasslagerung über etwa 70 Jahre hinausging.
- Unsere Flasche wurde nachweisbar etwa in den 50ern erworben, und damals machten Fälschungen noch nicht die Runde. Alles passt - der Verschluss, die Glasflasche selbst, die Patina (die nicht künstlich ist und nicht viel zu dick aufgetragen wurde).
- Nun der Höhepunkt: Praktischerweise kann man sogar lesen, wie der Inhalt genau dieses 1811ers den Experten so mundet:
https://www.oldliquorsmagazine.com/how-did-the-1834-madeira-compare-to-the-1811-cognac/
"When forced to pick a single highlight, though, it was a Cognac that stood out. “I have to go back to the Napoleon 1811,” says Robinson.
“It transports you back to another era. It really does change your frame of mind… It’s easy to see why it’s such a popular vintage and why counterfeiters are so apt to try to sell fakes of it. The rancio. The old books and leather. The baked apples and Christmas spices. It’s just so good.”
Na dann: Prost!
*** Ein lustiges Nachwort zum Thema Fälschungen: Ich habe mal erlebt, wie ein Händler zwei Flaschen Cognac von 1802 erwarb, deren Herkunft doch recht fragwürdig war. Also fragte er mich, was ich so davon hielt. Mir kamen die auch seltsam vor - vor allem, weil man im Internet eine Seite findet, die diesen Cognac „E. Piercel de Saint Jacques“ ohne Zweifel als Fälschung bezeichnet! Der Händler fragte also den Lieferanten nach seiner Quelle, und der schickte umgehend ein Echtheitszertifikat von wiederum seinem Lieferanten. Sie kennen das ja: Der Teppichhändler beglaubigt selbst die Echtheit seiner Teppiche :-)))
Nun geht das aber noch weiter: Die Flaschen WAREN echt! Sie waren aber auch FALSCH! Hä?
Die Flaschen waren nicht manipuliert worden, nein, es ist viel schlimmer: Eines Tages rief mich ein Bürger der ehemaligen DDR an, der sich mit den Beständen der „Delikat“-Läden auskannte. Dort gab es tatsächlich mal diesen „E. Piercel de Saint Jacques“ als einfachen (VSOP) Cognac - den hatte die DDR von irgend einem Brenner füllen lassen, und nur Gott weiß, was da drin war (jedenfalls kein Cognac, denn die Marke wurde nie registriert). Irgendwann hatte aber irgendwer davon noch nicht genug und brachte auf zahlreichen Flaschen-Etiketten den Aufdruck „1802“ an, und fortan geisterten diese Zombies vor allem durch den südamerikanischen Raum, wohin die DDR gute Handelsbeziehungen unterhielt.
Diese Flaschen hatten den Jahrgang 1802 auf dem Hauptetikett stehen. Die waren also echt, aber auch echt gefälscht - entweder von der DDR oder von gierigen Händlern in Chile. Die wurden dann aber auch wieder gefälscht, indem man einfach ein ZWEITES Etikett oben auf die einfachen Nicht-1802-Flaschen klebte, auf dem 1802 stand.
Ich glaube, dieser 1802er geistert als Fälschung einer gefälschten Fälschung immer noch durch das Netz zum Preis von inzwischen 20.000 Euro oder so. „Auferstanden aus Ruinen“… :-))))