Krass! Hier haben Sie mal die Gelegenheit, den Cognac zu kaufen, den es normalerweise nicht im Handel gäbe. 40% durch Verdunstung, kein Wasser. Abgefüllt 2002.
Zuerst dachte ich, ein Cognac namens Paris sei ein Witz.
Ist es aber nicht. Tatsächlich ist es ein alter Bekannter und vor allem ein Cognac von der Art, die normalerweise nie auf dem freien Markt auftaucht: Vor vielen Jahren hatten wir Cognac Guerbé im Sortiment - ein toller Grande Champagne Cognac, von dem es einen XO und einen Extra gab. Die Preise waren relativ moderat, und vor allem war es ein absolut klassischer, runder Winzer-Cognac ohne Zugabe von Farbe oder Zucker, aber mit großer Klasse. Ein typisches Qualitätsprodukt eines kleinen Herstellers mit großem Anspruch. Über den 50 Jahre alten Vieille Réserve schrieb ich damals:
"45% Alkohol und der heilige Gral des Cognac- Connaisseurs - hier kann man ihn wirklich finden: Rancio! Dazu das Aroma von Waldpilzen und Trüffeln, erdige, unglaublich satte Nuancen, alles, was ein wirklich ganz alter Cognac haben soll - hier können Sie es bekommen.
Ohne wenn und aber: Dies ist einer der besten alten Cognacs, die wir kennen. Der Preis ist nicht gerade niedrig, aber wenn man ihn mit einem Rémy Martin Louis XIII oder einem Hennessy Richard vergleicht, dann ist dies ein sehr preiswerter Cognac! Lieferung in mundgeblasener Flasche in Holzschatulle.Man sollte das Wort "perfekt" nicht leichtfertig anwenden, aber der "Vieille Grande Champagne" von Guerbé ist ein Brand, zu dem uns nichts anderes einfällt. Wie sollte man so etwas noch verbessern?"
Genau diese Cognacs haben es aber oft schwer, wenn kein guter Vertrieb dahinter steckt. Das war hier der Fall: Vor ein paar Jahren verstarb auch noch der Chef, und die Firma Guerbé wurde - wohl aus finanzieller Not - nach China verkauft. Die Firma und der Name... aber nicht der Cognac!
Das war so wie bei Ferrand: pleite, Name verkauft, und weiter geht's. Aber Ferrand war zu dreist und wollte weiter als Ferrand verkaufen. Das machten die Erben von Guerbé besser und verwendeten einfach eine Handelsmarke namens "Paris" zum Verkauf der alten Vorräte des Patriarchen. Aber auch das ging nicht gut: Man findet in alten Auktionen diesen Cognac oft als "unverkauft" mit dem Anbieter "Hersteller" - das war wohl nix. Man kann eben ohne den Namen und ohne Vertrieb nicht bestehen.
Vor allem macht es keinen Sinn, den Keller zu plündern. Die besten und ältesten Reserven kann man nicht so eben rasch zu Geld machen. Genau das hat aber jemand probiert.
Mir soll es recht sein. Man kommt nicht oft an die feinsten Cognacs eines so großartigen Produzenten. Ein 100 Jahre alter Grande Champagne mit etwa geschätzten 70 Jahren Fassreife (bei 40% Alk. wäre das passend) zu diesem Preis ist einzigartig, und kein Winzer würde so etwas bei klarem Verstand verkaufen - es sei denn für ein paar Tausender pro Flasche an ein Luxusrestaurant in Paris.***
Schriebe man Delamain oder Hine auf die Flasche wäre man bei 2000 Euro oder mehr.
*** Genau das ist branchenüblich: Das Mittelmaß bekommt der Handel, den besten Stoff bekommt ein Restaurant. Ich war mal bei Cognac Aubineau zu Besuch. Man erzählte von einem Nachbarn, der ab und zu einzelne Flaschen für damals über 1500 DM nach Paris lieferte. Aubineau selbst hatte einen sprittigen 50-jährigen für die Besucher und einen grandiosen Cognac für Freunde. Ich durfte mal probieren - das war reines Manna! So etwas in den Handel zu bringen wäre Verrat an den Vorfahren und außerdem ökonomischer Schwachsinn.